Dantes Inferno - Das deutsche Devil May Cry Forum

Normale Version: NTE-Forschung: Bewusstsein ohne Körper
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Hier will ich euch einmal einen Text vorstellen, den jemand in einem anderen Forum gepostet hat. Er hat dort sämtliche Quellen zu dem Thema zusammen getragen und wirklich gut recherchiert.
An dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön an Tommy für die Erlaubnis, es verwenden zu dürfen Top
Link zum Orginaltext

"Nahtod-Erfahrung" (NTE) ist ein relativ moderner Begriff. Er wurde Ende der 70er gebildet, inspiriert durch Raymond A. Moodys Millionen-Bestseller "Leben nach dem Tod", der 1975 herauskam. Der englische Arzt hatte rund 150 Fälle von klinisch toten und wiederbelebten Patienten in einer fünfjährigen Forschungsarbeit zusammengetragen und war dabei auf frappierende Ähnlichkeiten in den Erlebnisberichten der Wiederbelebten gestoßen. Moody konnte bereits aufgrund dieser relativ geringen Menge an Sterbeerlebnissen (gering, gemessen an dem überwältignden Material, das heutzutage vorliegt) das Schema eines typischen Todesverlaufs erstellen, das sich später als im Kern zutreffend erwies, wenngleich auch korrigierende Modifikationen erfuhr. Um einen ersten Eindruck zu vermitteln, was die Patienten erlebten, hier das Modell, das Moody vorgab:

Zitat:
Ein Mensch liegt im Sterben. Während seine körperliche Bedrängnis sich dem Höhepunkt nähert, hört er, wie der Arzt ihn für tot erklärt. Mit einemmal nimmt er ein unangenehmes Geräusch wahr, ein durchdringendes Läuten oder Brummen, und zugleich hat er das Gefühl. daß er sich sehr rasch durch einen langen, dunklen Tunnel bewegt. Danach befindet er sich plötzlich außerhalb seines Körpers, jedoch in derselben Umgebung wie zuvor. Als ob er ein Beobachter wäre, blickt er nun aus einiger Entfernung auf seinen eigenen Körper. In seinen Gefühlen zutiefst aufgewühlt, wohnt er von diesem seltsamen Beobachtungsposten aus den Wiederbelebungversuchen bei.

Nach einiger Zeit fängt er sich und beginnt, sich immer mehr an seinen merkwürdigen Zustand zu gewöhnen. Wie er entdeckt, besitzt er noch immer einen `Körper´, der sich jedoch sowohl seiner Beschaffenheit als auch seinen Fähigkeiten nach wesentlich von dem physischen Körper, den er zurückgelassen hat, unterscheidet. Bald kommt es zu neuen Ereignissen. Andere Wesen nähern sich dem Sterbenden, um ihn zu begrüßen und ihm zu helfen. Er erblickt die Geistwesen bereits verstorbener Verwandter und Freunde, und ein Licht und Wärme ausstrahlendes Wesen, wie er es noch nie gesehen hat, ein Lichtwesen, erscheint vor ihm. Dieses Wesen richtet - ohne Wort zu gebrauchen - eine Frage an ihn, die ihn dazu bewegen soll, sein Leben als Ganzes zu bewerten. Es hilft ihm dabei, indem es das Panorama der wichtigsten Stationen seines Lebens in einer blitzschnellen Rückschau an ihm vorüberziehen läßt. Einmal scheint es dem Sterbenden, als ob er sich einer Art Schranke oder Grenze nähere, die offenbar die Scheidelinie zwischen dem iridischen und dem folgenden Leben darstellt. Doch ihm wird klar, daß er zur Erde zurückkehren muß, da der Zeitpunkt seines Todes noch nicht gekommen ist. Er sträubt sich dagegen, denn seine Erfahrungen mit dem jenseitigen Leben haben ihn so sehr gefangengenommen, daß er nun nicht mehr umkehren möchte. Er ist von überwältigenden Gefühlen der Freude, der Liebe und des Friedens erfüllt. Trotz seines inneren Widerstandes - und ohne zu wissen, wie - vereinigt er sich dennoch wieder mit seinem physischen Körper und lebt weiter.

Bei seinen späteren Versuchen, anderen Menschen von seinem Erlebnis zu berichten, trifft er auf große Schwierigkeiten. Zunächst einmal vermag er keine menschlichen Worte zu finden, mit denen sich überirdische Geschehnisse dieser Art angemessen ausdrücken ließen. Da er zudem entdeckt, daß man ihm mit Spott begegnet, gibt er es ganz auf, anderen davon zu erzählen. Dennoch hinterläßt das Erlebnis tiefe Spuren in seinem Leben; es beeinflußt namentlich die Art, wie der jeweilige Mensch dem Tod gegenübersteht und dessen Beziehung zum Leben auffaßt.

(Raymond A. Moody, Leben nach dem Tod, Reinbek bei Hamburg 1993, S.27-29)

Noch einmal zum Begriff: "NTE": Moody selbst sprach immer von "Nachtod-Erfahrungen", so wie auch die Reanimierten, die felsenfest von der Realität des Erlebten überzeugt waren, davon, daß sie die Schwelle des Todes überschritten hätten. Der Begriff "Nahtod-Erfahrung ist ein Kompromißbegriff und ein Tribut an die Kritiker. Man einigte sich darauf mit dem Argument, die Reanimierten seien keineswegs "tot" gewesen, auch wenn alle medizinischen Kriterien eines klinischen Todes erfüllt gewesen seien, sonst hätten sie kaum von ihren Erlebnissen Bericht erstatten können. Dieses Argument brachte systematisch der katholische Theologe Hans Küng vor (die Amtskirchen tun sich schwer mit der NTE-Forschung, eine offizielle Stellungnahme des Vatikans liegt auch nach 30 Jahren Forschungsarbeit nicht vor; verständlich, da hier gewisse Dogmen und Mystizismen klar fallen, wie etwa das eines jenseitigen Strafgerichts).

Die systematische Erforschung der NTE-Erfahrung begann 1978 mit der Gründung der IANDS (International Association for Near-Death Studies), die weltweit Material sammelt und Daten erhebt, mit dem Ziel, zu einer wissenschaftlich haltbaren Einschätzung dieses Phänomens zu kommen.

http://iands.org/index.php

Ein Irrtuim wäre es zu glauben, NTEs wären ein modernes Phänomen; nur der Begriff ist neu, die Erlebnisse finden sich zu allen Zeiten in allen Kulturen, selbstverständlich nicht unter diesem Begriff. Charakteristische NTE-Merkmale lassen sich beispielsweise im altbabylonischen Gilgamesch-Epos, im Tibetanischen Totenbuch, in Platons "Poiliteia", zahlreicher mittelalterlicher Literatur, Beschreibungen von Swedenborg usw. Nahtod-Erlebnisse hat es zu allen Zeiten gegeben. Für Interessierte fällt mir eine historisch gerichtete Untersuchung ein, die sehr informativ ist:

Carol Zaleski, Nah-Todeserlebnisse und Jenseitsvisionen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Frankfurt a. Main 2001, Insel

Noch eine notwendige Unterscheidung als Vorbemerkung: NTE-Forschung gliedert sich in zwei Forschungsbereiche:

----->die Berichte Reanimierter bzw. direkt an der Schwelle des Todes Stehender (z.B. auch Bergsteiger, die dem Tod knapp entronnen sind und allgemein Unfallpatienten)

------>Visionen auf dem Sterbebett. Das sind die protokollierten Erlebnisse von Patienten im Endstadium, die unmittelbar vor ihrem Tode Aussagen darüber machen, was sie sehen, bevor sie für immer gehen.

Zum zweiten Forschungsbereich mache ich noch einen gesonderten Thread auf.

Zur NTE-Forschung gibt es inzwischen neben dem unüberschaubaren Meer von Forschungsliteratur auch sehr informative Dokumentarfilme fast aller großen Sendeanstalten (NDR, SF/DRS/3-Sat, MDR, Bayrischer Rundfunk usw.,) wobei ich den Bericht von Joachim Faulstich insbesondere empfehle.

http://www.hr-online.de/website/fern...cument_2341340

Darin kommt unter anderem der berühmte, medizinisch sauber dokumentierte "Pam Reynolds"-Fall zur Sprache, der in unseren Erörterungen noch eine Rolle spielen wird, und der, die Argumentation der Kritiker zum endgültigen Einsturz bringen könnte.

Die Basissequenzen einer typischen NTE dürften allgemein bekannt sein; ich gab in der Vorbemerkung bereits einen ersten EinblicK: das Verlassen des Körpers, die blitzartige Reise durch eine Art Tunnel (das muß nicht immer ein Tunnel sein, schon Moody hat auch andere Benennungen von seinen Patienten gehört: "Trichter", "Schacht", "Röhre" usw. ), das Zusammentreffen mit Verstorbenen, die Begegnung mit einem Lichtwesen, unter dessen mehr oder minder direkter Regie eine Art Lebensfilm (Lebensbilanz) im Zeitraffer und in 3-D erlebt wird, schließlich die erzwungene Rückkehr in den eigenen Körper.

Experiencer (so werden in der NTE-Forschung die Leute genannt, die eine NTE-Erfahrung machten) erleben dabei in der Regel ein Gefühl grenzenloser Freiheit und des Friedens; ist die NTE genügend weit fortgeschritten, berichten sie, "von einem Schauer aus Licht durchflutet" worden zu sein. [1] Der Akt der Wiederbelebung hingegen, um das Schema abzuschließen, wird als ein Akt der Gewalt dargestellt: Es ist von einer "eisernen Faust" die Rede, welche die Experiencer in ihren Körper zurückgezwungen habe. Nicht selten werden die wiederbelebenden Ärzte zu ihrem Erstaunen vom Patienten mit bitteren Vorwürfen überzogen statt mit heissen Dankesbekundungen:

Zitat:
Der Körper des Patienten wies schwarze Flecken auf, die darauf hindeuteten, daß das Blut nicht mehr zirkulierte. Es begann bereits, sich in den unteren Körperregionen abzusetzen. Wenn ich Elisabeth (die Tochter des Patienten, T.G.) nicht persönlich gekannt hätte, hätten wir,glaube ich, nicht versucht, den Mann zu reanimieren. Er war so tot, wie jemand nur sein kann. Ich hatte keine ernsthafte Hoffnung mehr, entschied aber trotzdem, so zu verfahren, als bestünde sie noch.
[2]

Zitat:
Nach kräfteaufreibenden Prozeduren schlägt der Patient die Augen auf und teilt den erstaunten Ärzten mit: "Es war falsch von euch, mich von einem so wundervollen Ort zurückzuholen. Wenn ich wieder gehe, lasst mich.
[3]

Hier eine etwas drastischere Reaktion einer Patientin:

Zitat:
Plötzlich aber spürte ich, wie es mich hinunterzog und ich zurück in meinen Körper katapultiert wurde. Ich war zornig. Ich glaube, ich war noch nie zuvor so wütend! Ich schrie und tobte vor Zorn und Wut, weil ich zurückwollte
[4]

Experiencer sind felsenfest von der Realität des Erlebten überzeugt; sie selbst sprechen nicht von "Nah-Todeserfahrungen", sondern von "Nach-Todeserfahrungen":

Zitat:
Es mag seltsam erscheinen, aber ich hatte wirklich nicht den Wunsch, wieder in den Körper auf dem Tisch zurückzukehren. Doch ich wurde gewaltsam zu ihm hingestossen... Ich weiß, daß ich starb, und ich würde gerne wieder sterben. Es war sehr angenehm.
[5]

Allerdings gibt es auch viele Fälle, wo die Experiencer aus eigener Einsicht, allerdings nur ungern, zurückkehren. Beispiel:

Zitat:
Auf einmal sprach mich ein Mann an, der links vor dem Tunnelausgang stand; er sah aus wie mein Vater, den ich nur von Bildern her kenne, da er gestorben isr, als ich vier Jahre alt war. Er sagte zu mir: "Du dafst nicht aus dem Tunnel herausgehen, sonst kommst du nie mehr zurück. Kehre um, du wirst noch gebraucht. Ich bin dann wiedr den Tunnel zurückgegangen, obwohl es auf der anderen Seite schöner gewesen wäre.
[5a]

Nicht, daß Mißverständnisse entstehen. Ich benutze nicht die subjektive Einschätzung der Experiencer als Argument für die Realität des Erlebten. Dafür gibt es viel stärkere Argumente, die später noch kommen. Aber schließlich sind die Aussagen über die Authentizität des Erlebten von seiten der Betroffenen selbst ein Faktum, das man in der Analyse nicht einfach unter den Tisch fallen lassen kann.

Ich möchte zugleich auch ein zweites mögliches Mißverständnis von vornherein klären. Es kommt immer wieder der Einwand, die wiederbelebten Patienten seien ja gar nicht "richtig" tot gewesen, die erfolgreiche Wiederbelebung zeige das. Diesen formallogischen Einwand hört man in Diskussionen oft. Auf diesem Argument baut auch der Theologe Hans Küng seine Gegenposition auf:

"Keiner, der zurück ins Leben kam, hatte die Schwelle zum Tod überschritten.“

Da der Tod noch nicht eingetreten sei, könnten NTE-Erlebnisse auch nichts über ein Leben nach dem Tod aussagen:

"Was ist von dem Ganzen aus theologischer Perspektive zu halten? Kurz gesagt: Nichts!" (Hans Küng, Ewiges Leben, München 1982, S. 26)

Deshalb schlage ich vor, zwischen "klinischem Tod" und "biologischem Tod" zu unterscheiden. "Biologisch tot" nennen wir dann jemanden, der den "point of no return" überschritten hat. Die Entscheidung darüber, ob jemand endgültig tot sei, würde dann vom Kriterium der erfolgreichen Rückkehr abhängig gemacht. Selbstverständlich können wir von dieser Gruppe der Patienten keine Auskunft mehr erhalten. Für den Begriff "klinisch tot" könnte man folgende Definition als Grundlage nehmen:

Zitat:
Klinischer Tod: Aufgrund eines anhaltenden Herz-Kreislauf- und Atemstillstandes, d.h. aufgrund nicht feststellbarer Herztätigkeit, fehlender Pulse, blaßgrauer Zyanose oder Leichenblässe der Haut und der Schleimhäute, Lichtstarre der weiten Pupillen und Areflexie festgestellter Tod. Kriterien des eingetretenen Hirntodes: weite lichtstarre Pupillen, zerebrale Areflexie (spinale Reflexe oft erhalten), Null-Linie im EEG, Kreislaufstopp in Vertebralis und Karotiden (angiographisch nachzuweisen vor Organentnahme für Transplantation).
Roche Lexikon Medizin

Ich möchte nun nicht die These vertreten, daß diese Patienten, die vom Arzt bereits für tot erklärt wurden, auch tatsächlich "tot" waren und mithilfe der modernen Wiederbelebungstechnik ins Leben zurückgerufen wurden. Das wäre viel zu anstrengend. Sondern man könnte sich ganz pragmatisch auf folgende Aussagen einigen:

- Zum Zeitpunkt y war Person X im medizinisch definierten Sinne (s.o.) tot.

- Zum Zeitpunkt y+n war Person X im medizinisch definierten Sinne wieder lebendig.

Dabei ist "n" eine Zeitvariable. In der Medizin geht man davon aus, daß 5 Minuten nach erfolgloser Reanimationsbemühung der biologische Organismus bereits so sehr geschädigt ist (die Gehirnzellen sterben aufgrund von Sauerstoffmangel ab), daß wir es bei einer glückenden Wiederbelebung nur noch mit einem willens- und bewußtseinsleeren Körper zu tun haben, der sich nie wieder regnerieren wird.


Wir schauen uns jetzt einmal an, was die Patienten, die von sich behaupten, ihren Körper verlassen zu haben, eigentlich sehen. Dabei beziehe ich mich nur auf die erste typische Phase einer NTE, da eine Besprechung der weiter oben genannten Basissequenzen für die Vertretung meiner These, Bewußtsein existiere auch unabhängig und außerhalb des Körpers und sei an eine Gehirntätigkeit nicht gebunden, nicht einmal erforderlich ist. Beispiele:

Zitat:
Klar und deutlich bot sich mir mein Körper dar, wie er da unten ausgestreckt auf dem Bett lag, um das sie alle herumstanden. Eine Krankenschwester hörte ich sagen: "O Gott, sie ist tot!", während eine andere sich hinunterbeugte, um mir Mund-zu Mund-Beatmung zu geben. Dabei blickte ich ihr auf den Hinterkopf, auf ihr ziemlich kurzgeschnittenes Haar. Den Anblick werde ich nie vergessen. Und dann kamen sie mit ihrer Maschine an, und ich sah, wie sie mir die Elektroden auf die Brust setzten. Als sie mir den Schock gaben, konnte ich sehen, wie mein Körper förmlich vom Bett in die Höhe schnellte, und ich hörte sämtliche Knochen darin knacken und rucken. Das war wirklich furchtbar! Als ich sie da unten auf meinen Brustkorb klopfen und meine Arme und Beine reiben sah, dachte ich: "Warum geben sie sich bloß so viel Mühe, wo es mir doch so gut geht!
[6]

Zitat:
Dort lag mein Körper auf dem Tisch, und ich schwebte darüber und beobachtete alles wie in einem Film. Es war sehr realistisch. Ich konnte tatsächlich durch die Wand des Kreißsaales hindurchgleiten und schwebte nach unten durch die Räume des Krankenhauses. Ich weiß gar nicht, wie ich eigentlich aussah. Ich glaube, ich war eine durchsichtige Wolke, doch ungeachtet meines Äußeren schien niemand zu bemerken, daß ich ganz nahe an ihnen vorbei durch die Luft schwebte. Ich nehme an, ich war für sie unsichtbar, obwohl ich selbst sie sehr gut sehen und hören konnte.
[7]

Zitat:
Ich bekam nach der Geburt meiner Tochter sehr starke Blutungen und war gleich von medizinischem Personal umringt, das sich um mich kümmerte. Ich hatte große Schmerzen. Dann waren die Schmerzen plötzlich vorbei, und ich schaute auf die hinunter, die sich an mir zu schaffen machten. Einen Arzt hörte ich sagen, er könne den Puls nicht mehr finden. Als nächstes ging ich durch einen Tunnel hinauf auf ein helles Licht zu. Aber ich kam nie an das Ende des Tunnels. Eine sanfte Stimme sagte mir, daß ich zurückkehren müsse. Dann traf ich einen lieben Freund, einen Nachbarn aus der Stadt, aus der wir weggezogen waren. Auch er sagte mir, ich solle umkehren. Wie von einem elektrischen Schlag getroffen, knallte ich aufs Krankenbett auf, und die Schmerzen waren wieder da. Nun wurde ich schnellstens in den Operationssaal gefahren, wo man die Blutungen operativ zum Stillstand bringen wollte. Erst Wochen später fand mein Mann, daß es mir wieder gut genug ging, um mir´s sagen zu können: Der liebe Freund dort in der anderen Stadt war an dem Tag, als meine Tochter geboren wurde, bei einem Autounfall tödlich verunglückt.
[8]

Zitat:
Ich hatte das Gefühl, daß diese Gestalt nichts anderes war als ein Geist. Ich war kein Körper, nur ein Rauchfaden oder ein Dampfschleier. Es sah am ehesten noch aus wie die Wolken von Zigarettenrauch, die um eine Lampe herum schweben. Die Gestalt, zu der ich wurde, hatte allerdings Farben. Da gab es Orange, Gelb und einen Farbton, den ich nicht genau bestimmen kann - ich sah es als Indigo an, eine bläuliche Nuance.
[9]

Zitat:
Plötzlich bemerkte ich, daß ich mich auf dem Operationstisch sehen konnte! Ich wußte, daß es Komplikationen gab, denn alle schienen sehr betroffen darüber, daß sie meinen Herzschlag nicht reaktivieren konnten. Es war ein merkwürdiges Gefühl, auf den eigenen Körper herabblicken zu können, aber ich hatte keine Angst. Während ich dem Geschehen zusah, trieb ich einem strahlenden Licht entgegen. Es war sehr hell, aber ich hatte keine Angst, weil ich wußte, daß das Licht mich nicht verletzen würde. Eine Zeitlang umhüllte es mich, dann verband es sich irgendwie mit meinem Körper. Es war ein wundervolles Gefühl.
[10]

Zitat:
Trotz der Vollnarkose bemerkte sie plötzlich, wie sie über den Ärzten schwebte und deren Arbeit beobachtete. Sie konnte genaue Einzelheiten wiedergeben: zum Beispiel den Einsatz bestimmter Instrumente, vor allem aber die Tatsache, daß einer der Ärzte Rechts- und der andere Linkshänder war.
[11]

So könnte ich noch ewig und drei Tage weitermachen, möchte aber auch nicht, daß ihr vorzeitig einschlaft. Wichtig ist folgendes: Die Experiencer wohnen ihrer eigenen Wiederbelebung bei und zwar nicht aus der Perspektive eines B e t e i l i g t e n, sondern aus der Perspektive eines B e o b a c h t e r s. Es sind äußerst präzise und detaillierte Beobachtungen, deren Richtigkeit nachher von den beteiligten Ärzten und Krankenschwestern bestätigt wurde. Die Patienten verfügen über Informationen, die sie eigentlich gar nicht haben dürften. Die nur einer haben kann, der die Geschehnisse unten im OP aus der Vogelperspektive des Beobachters verfolgt hat. Oft sind die behandelnden Ärzte fassungslos, wenn sie nachher von ihren Patienten zu hören bekommen, wer was wo, wie und wann gemacht hat.

Zitat:
Er wollte mir nicht glauben. Also erzählte ich ihm die ganze Geschichte von dem Moment an, in dem ich aufhörte zu atmen, bis zu dem Zeitpunkt, in dem ich wieder zu mir kam. Er war echt geschockt, als er hörte, daß ich alles und jedes wußte, was wirklich geschehen war. Er wußte nicht so recht, was er darauf sagen sollte, aber er ist noch mehrere Male in mein Zimmer gekommen und hat mich nach verschiedenen Einzelheiten ausgefragt.
[12]

Ich erspare mir jetzt aus Platz- und Zeitgründen die Darstellung der unzähligen Fälle, in denen die Betroffenen sich während ihrer Wiederbelebung mit ihrem Bewußtsein durch das Krankenhaus bewegten und nach erfolgter Wiederbelebung sowohl die Gespräche der verzweifelten Angehörigen, die vor dem OP warteten, als auch Vorgänge auf anderen Stationen detailliert wiedergaben. In den Fußnoten können sich Intressierte in die Fallsammlungen einlesen. Moody und Morse berichten zudem von Fällen, in denen die Experiencer im außerkörperlichen Zustand ihre Familienangehörigen zuhause aufsuchten, und nach der NTE präzise die Vorgänge in der elterlichen Wohnung beschreiben konnten[13] Ein Beispiel:

Zitat:
"Ich schaute hinab auf die Krankenschwestern, die zu meinem Körper geeilt waren. Es waren drei. Eine fühlte meinen Puls und schrie: "Holt einen Arzt! Holt ihren Ehemann!" Fast im selben Moment erschien ein Arzt, der nach einer kurzen Untersuchung sagte: "Sie stirbt." Ich konnte auf den Gang hinausgehen und dort meine Tante sehen. Sie arbeitete als Krankenschwester im Krankenhaus und unterhielt sich vor meinem Zimmer mit einigen Patienten von nebenan. "So ein Jammer", sagte sie. "Sie war eine so gute, junge Mutter." Es verwirrte mich, daß sie in der Vergangenheit von mir sprach. Ich versuchte, mit ihnen zu reden. Ich wollte ihnen sagen, daß ich noch da war, aber ich konnte mich ihnen nicht verständlich machen. Es war mir sogar möglich, in das nächste Zimmer zu gehen, wo sich ein Patient über den Lärm beschwerte. Die Krankenschwester, die dort war, sagte: "Nun, nebenan geht es Paula schlecht." Dann kehrte ich rechtzeitig zu meinem Körper zurück, um meinen Mann zu sehen, der gerade gekommen war. Er schaute den Arzt an und sagte: "Was soll ich nur den Kindern sagen?" Ich dachte, daß ich wahrscheinlich tot war. Ich wollte ihnen mitteilen, daß ich anwesend war, ihnen zuhörte und sie beobachtete, aber es war mir nicht möglich, mich irgendwie verständlich zu machen."
[14]

Gibt es nun für ein derartiges Wissen jenseits aller sinnlichen Erfahrung eventuell eine alternative Erklärung als die, welche alle Reanimierten übereinstimmend angeben, nämlich, ihren Körper verlassen zu haben?

Der skeptische Kardiologe Michael Sabom hat die Schilderungen der Experiencer einer kritischen Analyse unterzogen, um herauszufinden, inwiefern sie mit den tatsächlichen Ereignissen, die während der Reanimation stattfanden, übereinstimmen. Er mußte folgendes (für ihn) ernüchternde Fazit ziehen:

Zitat:
Die Einzelheiten dieser Wahrnehmungen wurden in allen Punkten als korrekt festgestellt, wo gemeinsame Beweise verfügbar waren. Darüber hinaus schien es keine plausible Erklärung für die Genauigkeit dieser Beobachtungen mit den üblichen fünf Sinnen zu geben. Ein außerkörperlicher Mechanismus würde sowohl die persönliche Interpretation erklären, die diesen Erlebnissen von denen gegeben wurde, die sie hatten ( "der Geist verließ den Körper"), als auch die visuelle Genauigkeit der autoskopischen Beobachtungen. Meine eigene Überzeugung in dieser Angelegenheit tendiert in diese Richtung. Die Hypothese der Außerkörperlichkeit scheint einfach am besten zu den vorhandenen Daten zu passen.
[15]

-------

Neben Michael Sabom, Margot Grey, Melvin Morse und Paul Perry hat auch Kenneth Ring derartige Untersuchungen vorgenommen, die er "Untersuchungen zum Wahrheitsgehalt" nennt. [16] Dazu gehört etwa der bestens dokumentierte Fall, daß sich eine Patientin während ihrer NTE außerhalb des Krankenhauses aufhielt und auf einem Fenstersims der dritten Etage einen Tennisschuh liegen sah, der jeglicher Sichtbarkeit entzogen war. Eine Überprüfung bestätigte die NTE-Beobachtung, und "die einzige Möglichkeit, wie sie diesen Tennisschuh so sehen konnte, war, außerhalb des Gebäudes und unmittelbar in Höhe dieses Schuhs zu schweben." [17].

Experiencer unternehmen in ihrem neuen, körperlosen Zustand nicht selten den Versuch, sich mit dem anwesenden Ärztepersonal zu verständigen, zuweilen versuchen sie auch, in den Wiederbelebungssvorgang einzugreifen und ihn zu unterbrechen. Daß sie dabei keinerlei physikalische Einwirkung erzielen, zeigt die Andersartigkeit der Realitätsebene, auf der sie sich befinden und die ich "Welt X" nennen möchte. Sie selbst können sehen, werden aber nicht gesehen. Moody schreibt:

Zitat:
Diese Erfahrung wurde mir von einer Frau berichtet, die ich selbst wiederbelebt habe. Ich sah, daß sie einen Herzstillstand hatte, und begann sofort mit der Herzmassage. Die Frau berichtete mir später, sie sei, während ich mich bemühte, ihr Herz wieder zum Schlagen zu bringen, über ihrem Körper aufgestiegen und habe hinuntergeblickt. Sie habe hinter mir gestanden und versucht, mir zu sagen, ich solle aufhören, es gehe ihr prächtig, da wo sie jetzt sei.
[18]

Schließlich versucht sie, Moody am Arm zu packen, um eine Veneninjektion zu verhindern- und geht durch ihn hindurch. Ähnliches passiert auch anderen Experiencern:

Zitat:
Aus allen Richtungen kamen die Leute zur Unfallstelle herbeigeströmt. Ich sah sie genau. Ich war in der Mitte eines schmalen Gehweges. Also auf jeden Fall gingen sie da an mir vorbei und sahen mich offensichtlich überhaupt nicht. Sie liefen einfach weiter und schauten stur geradeaus. Sowie sie ganz dicht herankamen, versuchte ich jedesmal, mich zur Seite zu drehen, um sie vorbeizulassen - aber sie liefen doch tatsächlich durch mich hindurch!
[19]

Das Höchsterstaunliche ist, daß NTE-Forscher immer wieder auf Patienten stoßen, die überhaupt keine optischen Eindrücke haben dürften. Ich meine damit die Gruppe der Erblindeten und blind Geborenen, die nach ihrer Reanimation mit genau der gleichen Präzision Auskunft über die Vorgänge während der Wiederbelebung geben können wie die Sehenden. Kübler-Ross schreibt:

Zitat:
Wir haben eine ganze Reihe von völlig Erblindeten nach ihren NTE-Erlebnissen befragt. Sie waren nicht nur fähig, uns zu sagen, wer das Zimmer zuerst betreten oder wer die Wiederbelebung durchgeführt hatte, sondern sie konnten uns mit aller Genauigkeit das Aussehen und die Kleidungsstücke aller Anwesenden beschreiben, eine Fähigkeit also, über die völlig Erblindete auf keinen Fall verfügen.
[20]

Die Sehfunktion ist im Zustand der Außerkörperlichkeit keineswegs an den Sinnesapparat und an das verarbeitende Gehirn gebunden. Sie findet losgelöst und unabhängig vom Körper und unabhängig von Prozessen im Gehirn statt. Sehen ohne Augen? Hören ohne Ohren? Diese Vorstellung scheint für den normalen Alltagsverstand eine Zumutung zu sein.Wie aber sollten Blinde an diese optischen Informationen gekommen sein? Könnten Blinde aus ihrer Erinnerung, als sie noch sehen konnten, schöpfen und daraus dann die aktuellen Sinneseindrücke nur "ableiten"?

Würden diese Personen nur allgemeine optische Eindrücke wiedergeben etwa in der Form: "Da waren ein Haufen Ärzte und Krankenschwestern, und sie machten sich an meinem Körper zu schaffen, um ihn wiederzubeleben", so könnte der Skeptiker sich gerade noch retten in die Ausrede: "Naja, der Patient hat irgendwann früher im Fernsehen mal eine Wiederbelebung gesehen und reproduiert nun diese Erinnerung als aktuelle Wahrnehmung." Was aber, wenn Blinde Vorgänge und Instrumente beschreiben, die sie nachweislich noch nie gesehen haben konnten? Schauen wir uns dazu den von Moody mitgeteilten Fall einer 70jährigen an, die nach einem Herstillstand reanimiert wurde.

Zitat:
Diese Frau war seit ihrem achtzehnten Lebensjahr blind. Sie konnte nicht nur beschreiben, wie die angewendeten Instrumente aussahen, sondern sogar ihre Farbe angeben. Das Erstaunlichste für mich war, daß es die meisten dieser Instrumente noch gar nicht gab, als diese Frau vor über fünfzig Jahren das Augenlicht verlor. Und die Krönung war, daß sie sogar wußte, daß der Arzt einen blauen Anzug anhatte, als er mit der Reanimation begann.
[21]

Kenneth Ring hat 1998 mit seiner Forschergruppe die NTEs von 31 Blinden (14 davon waren von Geburt an blind) untersucht und stellte fest, daß sie sich in keiner Weise von den NTEs Sehender unterschieden.[22] Das Problem, wie ein Sehen ohne Augenlicht erklärbar ist, tritt hier und besonders bei den blind Geborenen, penetrant in den Vordergrund:

Zitat:
Die Frage ist natürlich: W i e konnte sie sehen? Und zu fragen ist nicht nur, wie Nancy sehen konnte, sondern auch wie die anderen Blinden in unserer Studie sahen, was sie mit Sicherheit nicht physisch sehen konnten.Während die Beweise, die ich in diesem Abschnitt anführte, nahelegen, daß das von den involvierten Personen Gesehene jeweils genau den Fakten entsprach und nicht etwa auf Erfindungen, Rekonstruktionen, Raten oder Phantasie beruht, bleibt das Paradoxon unserer Entdeckung ungeklärt.
[23]

Ein Paradoxon freilich nur aus materialistischer Sicht, innerhalb derer optische und akustische Eindrücke notwendig an Sinnesorgane gekoppelt sein müssen. Die NTE-Forschung zeigt hier aber, daß Sinneswahrnehmungen unabhängig und außerhalb des Körpers gemacht werden. Müssen wir also von der Grundannahme der materialistischen Weltauffassung, kein Geist ohne Körper, kein Bewußtsein ohne Gehirn, Abschied nehmen?
Oder läßt sich das häufig zitierte Modell: "PC fährt runter, Bildschirm wird schwarz, so auch beim Menschen, wenn er stirbt", noch retten?

Roszell bringt es auf den Punkt:

Zitat:
Je ernster man in die Fragestellung eindringt, desto deutlicher wird, daß man es mit dem grundlegenden Problem des Verhältnisses von Leib und Seele zu tun hat, anders ausgedrückt, mit der Frage nach Wesen und Bestimmung des Bewußtseins überhaupt. Ist der Geist eine Chimäre der Neurophysiologie? Oder sind Gehirn und Sinnesorgane gar nicht Hervorbringer, sondern nur Instrumente des Bewußtseins?
[24]

Wir wollen uns im Folgenden einige Versuche der Kritiker anschauen, die Risse zuzuspachteln und NTEs im Rahmen der "normalen" Weltsicht zu erklären.


Natürlich hat es seit der Veröffentlichung von Moodys erster systematischen Untersuchung (1975) etliche Einwände und alternative Erklärungsmodelle der seltsamen NTE-Berichte gegeben. Zunächst kam die naheliegende

Betrugshypothese

ins Spiel. Entweder die Autoren oder die dokumentierten Aussagen der Reanimierten wurden massiv unter den Verdacht gesetzt, sich wichtig machen zu wollen. Die auf Sensationsmache ausgerichteten Medien hätten die Sache dankbar aufgegriffen und aufgebauscht. Diese These wird heutzutage nicht mehr ernsthaft als kritischer Einwand vorgebracht und in Diskussionen nur noch von Leuten vertreten, die keine genaue Vorstellung von NTE-Forschung haben und auch über das Ausmaß dieser Forschung nicht informiert sind - als abstrakte Ablehnungsgeste ("Alles Quatsch"). Wollte man die Betrugshypothese halten, so müßte man gleichzeitig behaupten, daß Tausende von Ärzten und Patienten in aller Welt unter einer Decke steckten. Man müßte sich dann zwangsläufig auf das Gebiet paranoider Verschwörungstheorien begeben.


NTE als Wiedererlebnis der Geburt

Bestsellerautor Carl Sagan hat diese These in seinem Buch "Aufbruch in den Kosmos" entfaltet. Demzufolge reproduzieren Sterbende nichts anderes als die tief im Unterbewußtsein verankerte Erinnerung an die eigene Geburt. Austritt aus dem Tunnel (Geburtskanal) und die Begrüßung durch die Hebammen (in der NTE: die verstorbenen Verwandten auf der anderen Seite) in der taghellen Welt der Klinik (in der NTE: die Begegnung mit dem Licht).

Diese These krankt bereits an logischen Gründen: Der Durchgang durch den Tunnel ist bei NTlern mit einem starken Glücksgefühl verbunden, ebenso der Eintritt ins Licht; die Geburt hingegen ein schmerzhafter Kampf. Eine NTE müßte also von Panikgefühlen und Angstzuständen begleitet sein, wenn dort nichts als das Geburtserlebnis vom Gedächtnis aufgrufen würde. Zudem sehen die Kinder beim Geburtsvorgang das "Licht am Ende des Tunnels" nicht, da das Gesicht des Kindes bei der Geburt gegen den Geburtskanal gedrückt wird, NTEler sehen es sehr wohl und fühlen sich magisch von ihm angezogen. Die Tunnelpassage bei NTEs wurde in keinem einzigen Fall als qualvoll eng erlebt, wie das bei der Geburt der Fall ist. Außerdem müßte, wenn Sagans Theorie zuträfe, das Licht am Ende des Tunnels nicht gelblich-weiß erscheinen, sondern rötlich gefärbt, da im Geburtskanal und bei der Geburt selbst eine Menge Blut fließt.

Abgesehen von den logischen Einwänden gibt es auch eine empirische Widerlegung:"Das wichtigste Gegenargument gegen die Geburts-These ist jedoch die Tatsache, daß Kaiserschnitt-Geborene genauso häufig und die gleichen NTE-Erfahrungen haben wie normal Geborene (BLACKMORE 1993, DRAB 1981)." (M. Schroeter Kunhardt, Nah-Todeserfahrungen aus psychiatrisch-neurologischer Sicht in: Soeffner H-G, Knoblauch H (Hrsg.), Todesnähe: Interdisziplinäre Zugänge zu einem außergewöhnlichen Phänomen. Konstanz 1999, S. 65-99). Wenn Sagans These zuträfe, dürften Kaiserschnitt-Geborene überhaupt keine NTE haben, weil ihnen das Erlebnis des Geburtskanals fehlt.


NTE als halluzinatorische Wunscherfüllung

Ein Mensch in unmittelbarer Todesnähe befindet sich zweifelslos in einer ausweglosen Situation. Das Gehirn, so die These, biete ihm die Möglichkeit zur Flucht in eine imaginäre Welt. Die religiösen Inhalte einer NTE (Begegnung mit Verstorbenen, Begegnung mit einem Lichtwesen) seien nichts als Wunschprojektionen eines sterbenden Hirns.

Zunächst gilt es das unstrittige Faktum festzuhalten, daß das Erleben einer NTE von keinerlei persönlichem Glaubenshintergrund abhängig ist. Die Chance, daß ein gläubiger Christ, Hinduist oder Moslem eine NTE erlebt, ist statistisch exakt so groß wie bei einem überzeugten Atheisten. Die Bauelemente einer NTE sind immer diesselben; wäre hier Wunschbefriedigung im Spiel, täten sich spätestens beim Atheisten Fragezeichen auf, da ein Weiterexistenz-Konzept in seiner Wunschstruktur nicht vorkommt. Zudem müßten die NTEs von Kindern dann völlig anders ausfallen, da sich ihre Todeskonzepte deutlich von denen der Erwachsenen unterscheiden. Der Kinderchirug Melvin Morse hat acht Jahre lang die NTEs von Kindern untersucht und dabei keine signifikanten Differenzen zu den NTEs von Erwachsenen feststellen können. (Melvin Morse/Paul Perry, Zum Licht. Was wir von Kindern lernen können, die dem Tod nahe waren. München 1994)

Ginge es bei einer NTE um individuelle Wunscherfüllung, die das Gehirn aus dem Unterbewußtsein einer sterbenden Psyche abfaßt und in Form einer aufwendigen Multimedia-Show inszeniert (um etwa dem Sterbenden den Übergang zu erleichtern), so käme jeder Experiencer mit einer anderen Geschichte ins Leben zurück, nicht aber mit dem ewig gleichen Erlebnisverlauf: Tunnelerlebnis, Ausleibigkeitserfahrung, Begegnung mit dem Licht, Lebensfilm im Zeitraffer.

Sauerstoffmangelthese (Hypoxie)

Da das Gehirn während des Sterbevorgangs unter Sauerstoffmangel und einem Übrschuß an Kohlendioxid-Überschuß leide, spiele es verrückt und produziere Traumbilder. Diese These vertreten eine Reihe von Hirnforschern (Blackmore/Lempert/Jansen/Roth).

1. Bei einem Sauerstoffmangel oder schweren Schock versagen zuerst die hemmenden Mechanismen. Dadurch wird der Sehsinn massiv angeregt.
2. Das helle Licht, dass mittig gesehen wird, hat den Grund, weil dort die meisten Sehzellen sind. Nach außen wird das Licht schwächer.
3. Während der Effekt immer stärker wird, hat man den Eindruck, als bewege man sich rasch auf das Licht zu, dabei entwickelt man ein Wohlgefühl

Blackmore: "Das ist die Erklärung für den Tunnel." (S.Blackmore, Dying To Live in: Science and the Near-Death Experience, Guemsey 1993)

Aufgrund mangelnden Sauerstoffs würden Transmitter ausgeschüttet, die das Glücksgefühl produzieren. Jansen: "Wahrscheinlich aktiviert das Gehirn bei einer NTE eigene Mechanismen und setzt eine Reihe von Substanzen frei, die die Gehirnzellen schützen. Diese Substanzen docken an dieselben Rezeptoren an wie die Ketamine und als ein Nebenprodukt stellt sich der Zustand ein, der als Nahtoderlebnis bekannt ist."

http://www.jenseitswissen.com/todeserfahrungII.htm

Eine hübsche Theorie, leider scheitert sie, weil etliche Fälle bekannt sind, in denen eine NTE auch ohne Sauerstoffmangel registriert wurde. Das betrifft nicht nur Bergsteiger, die während der Augenblicke ihres Absturzes eine NTE erlebten oder Unfallopfer, sondern auch Klinikpatienten.

Morse hat sein Datenmaterial in Hinsicht auf Sauerstoffmangel gesichtet. Ergebnis:

"In unseren Untersuchungen prüften wir sorgfältig die Krankenakten nach Anzeichen, die auf Sauerstoffmängel im Blut hinwiesen. Bei keinem der Patienten mit Todesnähe-Erfahrungen fanden wir eine geringere Konzentration als bei denen der Kontrollgruppe." ( Melvin Morse/Paul Perry, Zum Licht, München 1994,S.216)

Auch Osis und Haraldsson, die Experten auf dem NTE-Gebiet "Todesvisonen auf dem Sterbebett" konnten anhand der überwältigenden Zahl der Fälle, in denen Visionen bei klarem Bewußtsein und ohne medikamentöse Beeinflussung erlebt wurden, die Unhaltbarkeit der Hypoxie-These nachweisen (Osis,Karlis/Haraldsson, Erlandur, Der Tod - ein neuer Anfang, Freiburg im Breisgau 1989, S.233). Moody berichtet sogar von einem Fall, bei dem der Sauerstoffgehalt im Blut gerade in dem Augenblick einer NTE-gemessen wurde: "Dabei stellte sich heraus, daß sein Sauerstoffspiegel höher lag als normal." (Raymond A.Moody, Leben nach dem Tod, S.181; ähnlich auch Evelyn E. Valarino, Erfahrungen an der Schwelle des Todes, Genf 1995,S.109)

Die gehirnphysiologischen Erklärungsversuche scheitern ohnehin schon prinzipiell an dem einfachen Fakt, daß NTEs im Reanimationsbereich auf eine wie immer auch deformierte Gehirntätigkeit nicht angewiesen sind; sie ereignen sich bei einer EKG- und EEG-Nullinie. Würde das Gehirn der Verursacher von NTEs sein, so stellte sich diese Hirnaktivität augenblicklich auf dem Monitor als kurvenartiger Ausschlag dar und die Nullinie wäre aufgehoben. Trotz dieser eindeutigen Faktenlage halten Hirnforscher hartnäckig an der These "Gehirn als Verursacher" fest und suchen fieberhaft weiter in der großen Welt der Biochmie - das ist für mich das eigentlich Erstaunliche am Phänomen NTE. Offenbar nach dem Prinzip: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

NTE als Aktivierung von Archetypen

Diese These knüpft an C.G.Jungs Theorie von Mustern an, die im kollektiven Gedächtnis der Menschheit gespeichert seien. Zu diesen Urbildern, die bei allen Menschen gleich wären, gehörten auch die klassischen Bausteine einer NTE: Tunnelerlebnisse, verstorbene Verwandte, Lichtwesen, Lebensrückblicke usw. Eine NTE würde diese im Unterbewußtsein gespeicherten archetypische Bilderwelt in unmittelbarer Todesnähe wachrufen.

Leider kann diese sicher interessante Theorie nicht einmal ansatzweise die Ausleibigkeitserfahrung erklären, wie sie in jeder NTE vorkommt und die in diesem Zustand gemachten präzisen Beobachtungen. Wenn Experiencer fotografisch genau Vorgänge im OP schildern können, die sich nachträglich mit einer Trefferquote von 100% als richtig erweisen, so können sie dieses Wissen wohl kaum aus irgendwelchen "Urbildern" bezogen haben. Zudem beziehen sie, wie wir gesehen haben, zuweilen aus dem Kontakt mit diesen ganz konkreten Verwandten spezielle Informationen, die ebenfalls unmöglich in Menschheitsarchetypen abgespeichert sein können.

EEG-Nullinie kann täuschen

Ein letzter Strohhalm, um die Grundannahme des materialistischen Weltbildes aufrechterhalten zu können. Es wäre möglich, daß das EEG die basalen Tiefenstrukturen des Gehirns nicht erfaßt; so daß ein weiterarbeitendes Traum- und Unterbewußtsein nicht ausgeschlossen werden kann - trotz EEG-Null-Linie. Wann wäre man da sicher? Zum Beispiel, wenn dem Gehirn sämtliches Blut entzogen würde und damit ein Denken physiologisch ausgeschlossen wäre - und dennoch eine NTE stattfände?

Nun, dieser letzte Mosaikstein fehlte den Vertretern der These "Bewußtsein ohne Körper" noch. Und sie bekamen ihn im aufsehenerregenden Fall *Pam Reynolds" geliefert.

Ein sowohl im medizinischen als auch im Bereich der NTE-Diskussionn aufsehenerregender Fall war der Fall der amerikanischen Sängerin und Songwriterin Pam Reynolds. (dokumentiert von BBC und ARD und in: Michael Sabom, Light and Death, Zondervan 1998, S.37ff.). Reynolds litt an einem lebensbedrohlichen Blutgerinsel im Gehirn, einem sog. Aneurysma, das allerdings so tief lag, daß mit herkömmlichn medizinischen Verfahren nichts zu machen war. So stimmte die Todgeweihte einem äußerst riskanten und so gut wie unerforschtem Verfahren zu, das von einem Chirugenteam unter der Leitung von Robert Spetzler durchgeführt wurde. Das Verfahren nennt sich "hypothermischer Herzstillstand".

Zum ersten Mal in der medizinischen Geschichte wird dabei ein Hirntod künstlich herbeigeführt. Die Chirugen senken die Körpertemperatur auf 15 Grad ab, Herzschlag und Atmung kommen zum Stillstand, das Blut fließt aus dem Gehirn ab, Gehirnwellen verebben, EEG-Null-Linie. Pam Reynolds war über eine Stunde klinisch tot im definierten medizinischen Sinne.

Spetzler in einem CBS-Interview zu dieser Phase der OP:

Zitat:
If you would examine that patient from a clinical perspective during that hour that patient by all definition would be dead. At this point there is no brain activity, no blood going through the brain. Nothing, nothing, nothing.

("Falls man einen Patienten während dieser Stunde aus einer klinischen Perspektive untersuchen würde, wäre dieser Patient aller Definition nach tot. Zu diesem Zeitpunkt gibt es keine Gehirnaktivität, kein Blut, das durch das Gehirn geht. Nichts, nichts, nichts.")

zitiert nach M. Sabom, Light and Death, S. 50

Trotzdem hatte Pam Reynolds während dieser Zeit eine klassische NTE. Sie berichtete, aus ihrem Körper ausgetreten zu sein und die Operation von oben beobachtet zu haben, beschrieb die Säge, mit der ihr Schädel geöffnet wurde und die Dialoge der Ärzte und Krankenschwestern. Weiter berichtete sie, einen dunklen Tunnel betreten zu haben ("Es gab eine Empfindung, als ob ich in einen Sog geriet, aber nicht gegen meinen Willen. Ich ging, weil ich gehen wollte. Es war ein Gefühl, als ob man in einem Fahrstuhl sehr schnell nach oben fährt. Und da gab es eine Empfindung, aber es war keine körperliche, physische Empfindung." - Sabom, S.43), in ein Licht am Ende des Tunnels eingetreten zu sein, verstorbenen Verwandten begegnet und schließlich zurückgekehrt zu sein. ("Sie wollten mir nicht erlauben, weiterzugehen. Es wurde mir kommuniziert - das ist die beste Art, es auszudrücken, weil sie nicht sprachen, wie ich jetzt spreche - daß etwas mit mir geschehen würde, wenn ich weiterginge ins Licht. Sie würden nicht in der Lage sein, mich in den Körper zurückzubegleiten. Sie wollten mich nicht irgendwo hingehen lassen und mich auch nicht irgendetwas tun lassen. Ich wollte weiter in das Licht gehen, aber ich wollte auch zurückkommen, ich hatte Kinder großzuziehen. Meine Großmutter nahm mich nicht mit zum Tunnel zurück Sie sah mich nur an. Mein Onkel sagte, er würde es tun. Er war derjenige, der mich zurückbrachte durch das Ende des Tunnels. Alles war gut. Ich wollte es." - S.44f.)

Befragt, was er zur NTE von Pam Reynolds sage, antwortete Spetzler ausweichend: "Eines habe ich gelernt nach so vielen Jahren der Beschäftigung mit dem Gehirn: Nichts ist unmöglich."

Das dürfte wohl so ziemlich die letzte Zuflucht einer materialistischen Weltsicht sein, die ihre Glaubensannahme: "Bewußtsein=Gehirnvorgänge" nicht aufgeben möchte. *Nichts ist unmöglich*.

Toyota-Philosophie.
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Hier noch seine Quellenangaben:
Zitierte Literatur:
[1] Raymond A. Moody, Das Licht von drüben, Reinbek bei Hamburg 1994 , S.27
[2] David Wheeler, Journey to the Other Side, New York 1977, S.97
[3] a.a.O., S.106
[4] Evelyn E. Valarino, Erfahrungen an der Schwelle des Todes. Wissenschaftler äußern sich zur Nahtodeserfahrung, Genf 1995, S.55
[5] Ian Currie, Niemand stirbt für alle Zeit, München 1993, S.187
[5a] Günter Ewald, An der Schwelle zum Jenseits, Mainz 2001, S.42
[6] Raymond A. Moody, Leben nach dem Tod, Reinbek bei Hamburg 1977, S.42
[7] Ian Currie, a.a.O., S.186
[8] E.E. Valarino, a.a.o., S.45f.
[9] Raymond A. Moody, Leben nach dem Tod, a.a.O., S.110
[10] Melvin Morse/Paul Perry, Zum Licht, München 1994, S.142
[11] Morse/ Perry, a.a.O., S.114
[12] Raymond A. Moody, Leben nach dem Tod, a.a.O., S.107
[13] Morse/ Perry, a.a.O: S.17ff./42/48/51/114ff./127/128/134f./161/175ff./189; Raymond A. Moody, Das Licht von drüben, S.32ff.
[14] M.Morse, S.161f.
[15] Michael Sabom, Erinnerungen an den Tod: Eine medizinische Untersuchung. München 1983, S.184; zum gleichen Ergebnis kommt auch eine Studie von Margot Grey ("Rückkehr aus dem Reich der Toten")
[16] Kenneth Ring/ E.E.Valarino, Im Angesicht des Lichts Kreuzlingen/München 1999, S.82ff.
[17] Kenneth Ring/ E.E.Valarino, a.a.O., S.84.
[18] Raymond A.Moody, Das Licht von drüben, a.a.O., S.24
[19] E.E.Valarino,a.a.O., S.51
[20] Elisabeth Kübler-Ross, Über den Tod und das Leben danach, Güllesheim 2002, S.60
[21] Raymond A. Moody, Das Licht von drüben, Reinbek bei Hamburg 1994, S.175
[22] Kenneth Ring/ E.E.Valarino, Im Angesicht des Lichts, Kreuzlingen/München 1999, S.90ff.
[23] a.a.O., S.106
[24] Calvert Roszell, Erlebnisse an der Todesschwelle, Stuttgart 1993, S.19
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Es lohnt sich auch, die folgende Diskussion zu lesen, denn darin geht es um das Für und Wider der These.

Wem das ganze zuviel und/oder zu anstrengend ist, dem lege ich die Erfahrung von Jill Bolte Taylor ans Herz. Eine Gehirnspezialisitn, die ihren eigenen Schlaganfall analysierte und beschreibt. Es ist zwar nicht direkt eine Nahtoderfahrung, kann aber veranschaulichen, was und welche Prozesse im Gehirn ablaufen, und wie sie dann empfunden werden können.

Hatte ich zwar hier irgendwo schon gepostet, aber egal, doppelt gemoppelt hält besser ^^
http://www.ted.com/talks/jill_bolte_tayl...sight.html
Ich habe den Thread gerade aus den Parawissenschaften ins Wissenschaftsforum verschoben, hier der Grund:

http://www.pravda-tv.com/2014/12/wissens...-ist-real/

Und hier der Artikel, des Wissenschaftsteams:
http://www.resuscitationjournal.com/arti...4/abstract

Interessant hierbei finde ich, dass diese typische NTE mit Tunnel, Licht und Glücklichsein nur in verschwindend geringer Anzahl auftrat, fast die Hälfte erlebte ein Angstgefühl und Verfolgung. Das könnte uA der Grund dafür sein, dass man sich vor dem Tod fürchtet.